Wissenschaftliches Profil
Leiter des Instituts für Theorie (ith) und Professur für Ästhetik und Theorie an der Züricher Hochschule der Künste (ZHdK)
Im Zentrum meiner philosophischen Arbeit steht die Beziehung zwischen Sein und Ereignis. Adressiert wird auf diese Weise das Verhältnis zwischen Metaphysik und Postmetaphysik. Mein Interesse gilt dabei dem Nichtbegrifflichen, dem Einbruch von Kontingenz sowie der Grenzen des Verstehens, des Symbolischen und damit von Diskurs und Rationalität. ‚Ereignis‘ steht für die Erfahrung solcher Grenzen als das durch die Sprache nicht Ausdrückbare oder durch Unterscheidungen und Zeichen nicht Artikulierbare, das aber dennoch auf uns einwirkt, uns ‚stellt‘ und Effekte zeitigt, denen nicht zu entgehen ist. Was ich also zu denken versuche, ist eine nichtnegierbare Negativität als Beginn oder Anlass allen Denkens, mithin dasjenige, was vor dem Denken kommt und es als ein Unbedingtes bedingt. Dies erfordert notwendig eine Sprache des Paradoxes, der Vexierung und des Überschusses, d.h. einer Rede, die sich zugleich als Rede verweigert und, trotz ihrer Unmöglichkeit, weiterspricht und verschwendet. Es geht dann nicht nur um die Kultivierung einer uneigentlichen oder metaphorischen Rede, wie es überhaupt nicht um die Literatur als Sprache der Philosophie geht, sondern um einen konsequenten Aufenthalt an den Rändern des Sagbaren – dort, wo das Sprechen in sein Anderes übergeht und das evoziert, was sich nur zeigen kann. Die Bemühungen verstehen sich insofern als einen Beitrag zur Philosophie- und Wissenschaftskritik, die insbesondere auf die Arbeit der Künste als einem ‚Denken des Anderen‘ wie gleichermaßen ‚Anderen des Denkens‘ zielt.
Die Spur eines solchen ‚anderen‘, nichtmetaphysischen Denkens wird einerseits im Innern des philosophischen Diskurses selbst aufgesucht, indem dieser an die Notwendigkeit seiner eigenen materiellen Grundierung, seiner Verortung im Realen erinnert wird, das nicht nur aufgerufen wird, sondern sich im Medium der Sprache und ihrer Performanz, und d.h. ihrer sozialen Tatsache artikulieren muss. Die Grundfigur des Ansatzes bildet also ein Chiasmus: Der Umschlag von der Repräsentation des Realen als einer praesentia in absentia, die stets bemüht ist, die verlorengegangene Gegenwart wiederherzustellen, zur Realität der Repräsentation, d.h. einer absentia in praesentia, die – und das ist der entscheidende Gedanke – am Inhalt der Repräsentation selbst ‚mitspricht‘. Solche Formen der Mitsprache oder Intervention sind vielfältig: Sie brechen, unterbrechen und modifizieren oder unterlaufen das Gesagte wie auch Gezeigte, sodass von vornherein im Sinn eine nicht zu heilende Instabilität entsteht. Die These ist, dass vor allem die Künste an solchen Bruchstellen oder Instabilitäten arbeiten, sodass sie zum Prüfstein dessen werden, was ich programmatisch eine ‚Posthermeneutik‘ genannt habe. Diese formuliert nicht nur eine Kritik des Sinns, sondern weist gleichzeitig in eine Ästhetik, deren Fundament ein Denken des Medialen bildet, welche ihre Basis nicht in einer Theorie der Technik findet, sondern in einer Theorie der Praxis.
Meine Arbeitsschwerpunkte gliedern sich entsprechend in Posthermeneutik, Ästhetik und Kunstphilosophie sowie allgemeine Medienphilosophie und Bildphilosophie. Ihnen stehen, als ihr Pendant, eine Kritik von Konstruktivismus und Strukturalismus sowie von Poststrukturalismus, Semiotik und Hermeneutik gegenüber. Die jüngsten Arbeiten zielen auf die Begründung einer Epistemologie des Ästhetischen, die den Forschungsbegriff der Künste hin zu einem ‚anderen Wissen‘ verschiebt. Ferner Schriften zum Problem der Repräsentation, zu Zeichnung und Diagrammatik, zur Logik des Bildlichen und der Philosophie der Musik, zu Sprache, Stimme und Kommunikation, zu Spiel und Computerspiel, zu Zufall und Kreativität und vieles mehr. Ausgewählte Texte dazu finden sich unter Texte/PDF's.